Reduzierte Prüfkadenz

Handelszeitung - 8.02.2018 - Beatrice Bartelt
Abschlussprüfung - Die Aufsicht will das Kosten-Nutzen-Verhältnis für gewisse Banken, Effektenhändler und Vermögensverwalter verbessern.

Mit dem Hauptziel, die Effizienz und die Effektivität im Prüfwesen zu erhöhen, revidiert die Finma das Rundschreiben 2013/3 «Prüfwesen». Dabei soll das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die aufsichtsrechtliche Prüfung, insbesondere für Banken, Effektenhändler und KAG-regulierte Institute wie Vermögensverwalter, verbessert werden. Die Finma hat dazu entsprechende Massnahmen im revidierten Rundschreiben «Prüfwesen» konkretisiert, durch welche sie eine durchschnittliche Reduktion der Prüfkosten von mindestens 30 Prozent erwartet. Dieses wurde einer Anhörung bis Ende Januar 2018 unterzogen. Das Inkrafttreten ist für den 1. Januar 2019 geplant. Die vorgeschlagenen Massnahmen (siehe Box) bieten einiges an Interpretationsspielraum, welche noch geregelt werden müssen.

Chancen und Gefahren
Das Hauptziel der Finma ist die Reduktion der administrativen Aufwände und der Prüfkosten für die Institute. In den Jahren ohne Prüfungen wird die Erfolgsrechnung zwar entlastet, doch wie sieht es nach zwei bis drei Jahren aus, wenn die Prüfperiode den gesamten Zeitraum abdecken soll? Leider fehlt im aktuellen Entwurf des Rundschreibens die klare Definition der Prüfperiode, die bei der Prüfung abzudecken ist. Die Prüfung umfasst auch die Umsetzung der Empfehlungen und Beanstandungen seit der letzten Berichterstattung. Wird die Prüfperiode nicht auf das abgelaufene Geschäftsjahr eingeschränkt, werden die Kosten aufgrund des Prüfumfangs kaum merklich sinken.

Eine aufsichtsrechtliche Prüfung, welche alle drei Jahre stattfindet, kommt einer Erstprüfung nahe, da die Kenntnisse des Instituts zu weit in der Vergangenheit liegen und die Teamkontinuität auf Ebene Prüfgesellschaft kaum gewährleistet werden kann. Auch spielt die Rotationspflicht eine wesentliche Rolle. Beispielsweise bedeutet die Rotationspflicht des leitenden Prüfers, dass dieser für zwei bis maximal drei aufsichtsrechtliche Prüfungen zuständig ist. Kostenreduktionen, welche aufgrund von stabilen Prüfteams entstehen, entfallen. Auch zu berücksichtigen sind die nicht messbaren internen Kosten, welche die «Neueinführung» der Prüfer verursachen können. Als weiterer Nachteil einer tieferen Prüfkadenz gilt es zu erwähnen, dass die Synergien zwischen Rechnungs- und Aufsichtsprüfung sowie die präventive Wirkung durch die jährliche Prüfung wegfallen. Im Rahmen der jährlichen Prüfung wird etwa vom geprüften Institut geschätzt, dass bei organisatorischen oder Systemänderungen sowie bei der Umsetzung von regulatorischen Vorschriften eine zeitnahe Prüfung durch die aufsichtsrechtliche Prüfgesellschaft erfolgt. Diese würde in Zukunft entfallen mit dem Risiko, dass Schwachstellen nicht zeitnah erkannt und beseitigt werden. Hier bietet sich aber die Chance, freiwillige Prüfaufträge zu vergeben und so ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erlangen.

Im Gegensatz zur Reduktion der Prüfkadenz führen die vorgeschlagenen Anpassungen der Standardprüfstrategie bei der Basisprüfung und die Fokussierung von Prüfungshandlungen auf die wesentlichen Prüffelder zu einer Kostenreduktion. Dies aufgrund der Tatsache, dass der Umfang der Basisprüfung pro Jahr zurückgeht und eine Beibehaltung der jährlichen Prüfungshandlungen bei sehr hohen Risiken erfolgt. Die Basisprüfung soll stark risikoorientiert erfolgen und sieht den Wegfall von Prüfungen risikoarmer Gebiete vor. Da die aktuelle Methode zur Ermittlung des Risikos eine subjektive Einschätzung des Prüfers beinhaltet, wäre es zu begrüssen, dass die Methode anhand konkreter Kriterien objektiviert wird, um die Homogenität der Doktrin sicherzustellen.

Abstützung auf interne Revision
Diese Massnahme führt zu einer Stärkung der Rolle der internen Revision und einem engeren Dialog zwischen Prüfgesellschaft und interner Revision. Dies ist sowohl für die Prüfgesellschaften wie auch für die Institute begrüssenswert. Die interne Revision könnte dadurch vermehrt aufsichtsrechtliche Prüfungen mit einer besseren Allokation der Kosten/Ressourcen durchführen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Funktion der internen Revision an eine Finma-akkreditierte Prüfgesellschaft ausgelagert ist.

Das revidierte Rundschreiben wird zu Veränderungen im Prüfwesen und der Rolle der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft führen. Ob damit eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung sowie eine Kostenreduktion für die Institute erzielt werden kann, bleibt abzuwarten. Kurzfristig führen einige Änderungen sicher zu Einsparungen, aber die langfristigen Auswirkungen bleiben ungewiss. Eine Hypothese könnte sein, dass die Verbesserung der Effizienz- und Effektivitätssteigerung erreicht wird, weil Einsparungen durch freiwillige kosteneffiziente Aufträge (etwa Pre-Audits) durch die Institute etwa bei der Implementierung neuer regulatorischer Vorschriften, System- und Organisationsumstellung kompensiert werden.

Eine Reduktion der Prüfkosten könnte auch durch die verstärkte Umsetzung des Proportionalitätsprinzips für die aufsichtsrechtlichen Regelungen für Institute der Kategorien 4 und 5 indirekt erreicht werden. Ein weiterer beachtenswerter Aspekt ist die Auswirkung der Massnahmen auf das Image der geprüften Institutionen. Werden Institute, welche das Privileg einer verkürzten Prüfkadenz erlangen, sich daraus einen Marktvorteil erschaffen können beziehungsweise wird ein jährlich geprüftes Institut einen Imageschaden erleiden? Oder bietet es Instituten eine grosse Chance, darauf hinzuarbeiten, dass sie das Privileg einer tieferen Prüfkadenz erlangen? Die Massnahmen werden einiges zu diskutieren geben. Eines ist jetzt aber schon sicher: Die Zukunft des Prüfwesens bleibt spannend und für alle herausfordernd.

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Handelszeitung 8.02.2018